Udo Rathke
Mit seinem Ausstellungs-Projekt verwandelt Udo Rathke das Atrium der Rostocker Kunsthalle in eine Projektionsfläche für Dantes „Inferno“. Die Dichtung Dantes – voller allegorischer und metaphorischer Gleichnisse – ist der Hölle im menschlichen Leben näher als der Abbildung eines fiktiven Totenreiches. Rathkes vom Text inspirierten farbstarken Bilder illustrieren die literarische Vorlage nicht, sondern erzeugen eine emotionale Parallelität zum Werk des Dichters.
Seit einigen Jahren setzt sich der Künstler mit Dantes „Göttlicher Komödie“ auseinander. 2013 reiste er nach Florenz, um sich auf den Spuren und in biografisch-historischer Umgebung Dante Alighieris’ Dichtung anzunähern. Seine Eindrücke hielt er in Skizzenbüchern mit Zeichnungen, Notizen, Textfragmente und Notaten fest. Diese Skizzen bilden neben der konkreten Dichtung und dem Studium der von Botticelli, William Blake, Joseph Anton Koch oder Robert Rauschenberg geschaffenen Werkillustrationen zur „Göttlichen Komödie“ den Ausgangspunkt für seine Zeichnungen, die mit den ihm eigenen zeichnerischen Mitteln wie Marker, Pigmenttusche oder Farbspray im Atelier entstanden. Authentizität und Historie finden in diesen Arbeiten eine kongeniale Verbindung. Auf einigen der blutrot leuchtenden Farbflächen scheint ein Kopf oder eine Figur auf, ohne aber sogleich einen konkreten Bezug zum Text herzustellen.
Das „Fragment“ erscheint Udo Rathke als geeignetes Konzept für seine Form der bildkünstlerischen Auseinandersetzung, da es keine narrative Erzählstruktur voraussetzt, sondern dem Künstler ein hohes Maß an Freiheit ermöglicht. In seiner Gestaltung des Raumes bringt Udo Rathke unterschiedliche künstlerische Ausdrucksformen und Medien, bis hin zur raumgreifenden Wandzeichnung zusammen. Der Betrachter hat den Eindruck, vom Strudel des Farb- und Bewegungsflusses mitgerissen zu werden und dem, was da kommt, nicht entrinnen zu können. Die Wände mit Zeichnungen werden ergänzt von einer Medienarbeit aus Videoprojektion und C-Prints, in der Udo Rathke Motive aus Presse, Film oder Internet benutzt, um assoziative Bezüge herzustellen. Von ihrer zum Teil tagespolitischer Konkretheit befreit, könnten diese Bilder auch aus Dantes „Inferno“ stammen.
Das Jahr der 750. Wiederkehr des Geburtstages des genialen Dichters Dante Alighieri, der seit 1302 bis zu seinem Tode im Jahr 1321 im Exil lebte, ist willkommener Anlass, um über die Aktualität seiner „Göttlichen Komödie“ nachzudenken. Udo Rathke, 1993/1994 Stipendiat des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom, verleiht mit seiner Arbeit „INFERNO – Dante Fragment“ dem traditionsreichen Dialog zwischen dem Norden und dem Süden neue Impulse.
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